Metropole mit Südsee-Flair
Träumen von Neuseeland: Aotearoas größte Stadt bietet das Beste zweier Welten
Fast alle Wege nach Neuseeland führen über Auckland. Im Landeanflug auf die größte Stadt des Inselstaats nähern wir uns einem gigantischen Puzzle. Dessen Einzelteile – eine Unzahl von Inseln, Halbinseln und Landengen – liegen hingestreut in das Blau zweier Meere, der Tasmansee im Westen und des Pazifik im Osten. Und mittendrin noch ein Ozean: ein Häusermeer, das die grünen Kuppen erloschener Vulkane umspült. Auckland, Neuseeland – welch eine Stadt! Die Kulturen Europas, Asiens und Polynesiens sind hier zuhause.
In Downtown verbreiten himmelragende Glaspaläste weltstädtisches Flair; keine Fahrtstunde davon entfernt erwartet Urwald den Wanderer, und paradiesische Strände locken Surfer, Segler und Sonnenanbeter. Auckland bietet einfach das beste zweier Welten; das quirlige Leben einer dynamischen Metropole und den Traum von der Südsee. Auf dem Isthmus zwischen Hauraki-Golf und Tasmansee, der engsten Stelle der Nordinsel, siedelten schon vor über 1000 Jahren die ersten Maori. Sie lebten in Pas, befestigten Wehrdörfern, auf den Gipfeln der Vulkane, von denen nicht weniger als 60 im ganzen Stadtgebiet gezählt werden. Bei den andauernden Stammesfehden scheint es nicht allzu grausig zugegangen zu sein. Denn der Name, den sie dem Ort gaben, Tamaki makau rau, bedeutet “Die Schlacht der 100 Liebenden”.
Auch den Pakehas, den Europäern, war die Gegend lieb und wertvoll – und zwar genau 55 britische Pfund, ein paar Äxte und Hosen sowie eine Tüte Zucker. Das war der Preis, den sie 1840 den Maori für den 1200 Hektar großen Küstenstreifen zahlten, an dem heute das ökonomische Herz Neuseelands schlägt. Über dieses Areal ist Auckland inzwischen weit hinausgewachsen. Die Stadt ist flächenmäßig die drittgrößte der Welt – dank des ausgeprägten Individualismus ihrer etwa einer Millionen Bewohner und deren Hang zum eigenen Heim.
Maori-Tänze und viktorianische Stadtviertel
Aucklands Zentrum an der Waterfront ist der ideale Ausgangspunkt, um sowohl die Stadt wie auch die vorgelagerte Inselwelt zu erkunden. Aber zunächst einmal bummeln wir über die Queen Street, die sich von der Hafenfront hügelan durch die ganze City zieht. In und um Aucklands Hauptgeschäftsstraße laden schicke Cafés, Boutiquen und Einkaufspassagen zum genießen und flanieren ein.
Zu der reizvollen Mischung aus alter und moderner Architektur gesellt sich seit 1997 ein neues Wahrzeichen der Stadt: Der Funkturm Sky City, ein 328 Meter hoher Wolkenkratzer, der unter anderem ein Spielkasino beherbergt sowie zahlreiche Bars und Restaurants. Das atemberaubende Panorama von der Aussichtsplattform erleichtert uns die Orientierung. Wer sich in anderen Stadtteilen einen ähnlich guten Überblick verschaffen will, erklimmt am besten den nächstgelegenen Vulkankegel, den Mount Eden etwa oder den markanten One Tree Hill.
An der Karangahape Road, am oberen Ende der Queen Street, begegnen wir einem bunten Völkergemisch. Vor allem Einwanderer von den Südseeinseln sind hier zuhause. Zusammen mit den Maori stellen sie 20 Prozent der Bevölkerung und machen Auckland zur größten polynesischen Stadt der Erde. Um mehr über die Welt der Maori zu erfahren, besuchen wir das Auckland Museum. Das imposante Haus im weitläufigen Park der Auckland Domain hütet die Schätze einer höchst lebendigen Kultur. Die Pounamou Maori Cultural Group führt hier täglich traditionelle Tänze und Gesänge ihres Volkes vor. Westlich der Auckland Domain hat sich die Kultur der ersten Pakehas am besten erhalten. Das viktorianische Viertel Parnell mit seinen Cafés, Restaurants und Boutiquen bildet einen erholsamen Kontrast zum geschäftigen Zentrum. Die Freuden des Nachtlebens erwarten uns dagegen im Stadtteil Ponsonby, in dem auch Aucklands Künstlerszene zuhause ist.
Travel-Tipp
America´s Cup im Golf von Hauraki
Der Geist der alten Seefahrer und Entdecker ist in Auckland, Neuseeland allgegenwärtig. Nahezu jeder zehnte Einwohner nennt ein Boot sein eigen, und in den großen Naturhäfen der Stadt ankern fast 90.000 Segler aller Klassen. Seit Team New Zealand 1995 die älteste und begehrteste Segeltrophäe der Welt gewonnen hat wird, wie derzeit, im Wechsel auch vor der Küste der “City of Sails” der America’s Cup ausgetragen.
Aber ganz abgesehen von diesem Großereignis bietet die Region Auckland ihren Besuchern eine unabsehbare Fülle von Aktivitäten, in und unter Wasser: von der 10-minütigen Überfahrt zum hübschen Vorort Devonport über den Tauchausflug bis zum Segeltörn durch den Hauraki-Golf. Aber bevor Sie zu großer Fahrt in See stechen, ist erst einmal eine Nummer kleiner zu empfehlen: eine geführte Kayak-Tour von Auckland, Neuseeland zur nahegelegenen Vulkaninsel Rangitoto und der angegliederten Insel Motutapu.
In weniger als einer Stunde erreichen wir eine völlig andere Welt. Die unbewohnte Vulkaninsel stieg vor 600 Jahren aus dem Meer und ist heute von dichtem Grün überwuchert. Wer sich nicht selbst in die Riemen legen will, kann sich auch der Fähre – und der Führung – von Rangitoto Volcanic Explorer anvertrauen. Beim Aufstieg zum Gipfel des Vulkans beeindruckt uns am meisten der Anblick von Neuseelands größten Pohutukawa-Wald. Der “neuseeländische Weihnachtsbaum” blüht tatsächlich nur zur Sommerzeit und zwar in leuchtendem Rot. Daher stammt wohl auch der Maori-Name der Insel; Rangitoto bedeutet “Blutender Himmel”.
Insider-Tipp
Waiheke Island und der “Wilde Westen”
Nur 35 Minuten dauert die Überfahrt von Auckland nach Waikheke Island. Auch diese, von nur 5000 Menschen bewohnte Insel hat sich in unmittelbarer Nähe des urbanen Lebens ihren Südseecharme bewahrt: Grüne Hügel, weiße Sandstrände und türkisfarbene Lagunen laden zum wandern, radeln, baden oder segeln ein. Zu allem Überfluss gedeiht auf Waiheke Island auch noch einer der besten Rotweine Neuseelands. Bei einem Glas Cabernet Sauvignon von Stoneyridge Vineyard blicken wir auf einen ereignisreichen Tag zurück.
An seiner schmalsten Stelle misst der Isthmus von Auckland nicht einmal 3 Kilometer; und doch zeigen beide Küsten zwei völlig unterschiedliche Gesichter: heiter und sanft am Pazifik, wild, fast urweltlich und nicht weniger faszinierend an der Tasmansee. Nicht zufällig wählte Neuseelands bekannteste Regisseurin, Jane Campion, Karekare Beach als Drehort für ihren Oscar-gekrönten Film “Das Piano”. Wie an den anderen Stränden der Westküste erzeugen hier schwarzer Sand, unendliche Weite, haushohe Wellen, Dünen und Regenwald eine Atmosphäre ungestümer Wildheit. Surfer finden hier geradezu ideale Bedingungen vor.
Wer sicheren Boden unter den Füßen bevorzugt, kann das Hinterland bequem im Sattel – von Pferden oder Fahrrädern – oder auf Schusters Rappen erkunden. Und bei geführten Wanderungen gibt es einiges zu entdecken: z. B. die Klippen vor Muriwai Beach, wo von August bis April tausende von Tölpeln nisten; oder das Naturschutzgebiet der Waitakere Ranges auf der Landzunge zwischen dem Manukau Harbour und der offenen See. Hier findet sich einer der letzten, größeren Bestände von Kauri-Bäumen, bis zu 50 Meter hohe Riesen, die uns immer wieder staunen lassen.
Die Rückkehr aus der ungezähmten Natur des Regenwalds ins Stadtzentrum, das nur 45 Autominuten entfernt liegt, muss kein Kulturschock sein. Ein Abstecher ins Weinbaugebiet von Henderson im Westen Aucklands bietet uns einen sanften Übergang – und weitere Beweise für die hohen Fähigkeiten der neuseeländischen Winzer. Bei ein paar Gläsern Pinot Noir lassen wir die letztem Tage in Auckland noch einmal Revue passieren.
Über zwei Dinge sind wir uns einig: Zum einen gibt die Region um Auckland in ihrer Gegensätzlichkeit einen erstklassigen Vorgeschmack auf ein ebenso vielseitiges Reiseland. Und zweitens: Für nur einen kurzen Zwischenstopp ist die Stadt zwischen zwei Meeren viel zu schade. (14. Januar 21)